Seggewiesen - Wiedervernässung und Extensiverung in der Genshagener Niederung
In der Genshagener Niederung wird und wurde seit der DDR-Melioration in den 1960/70ern Intensivlandwirtschaft auf Grünland zur Futterproduktion betrieben. Rund 80 ha der um ein vielfach größeren, sehr ebenen Niederung wurden in den 2000er Jahren aus dieser Nutzung genommen und seitdem extensiv bewirtschaftet, Erlen- und Weidengehölzinseln geschaffen und vor allem die Wasserstände wieder "höher eingestellt".
Wasserbaumaßnahmen wie Grabenverschlüsse, Grabenumleitungen, Erdplomben, Einstellung der Krautung und Räumung sowie zurückgebaute Pumpstationen, Durchlässe und angepasste Wehreinstellungen haben einen um bis zu 3 Monate längeren Wasserrückhalt ermöglicht (überstaute Flächen bis Mai/Juni) und einen ganzjährig höheren Spiegel unter Gelände als in den umliegenden Wirtschaftsflächen.
Eine entsprechend angestiegene Artenausstattung - Vegetation, Libellen, Brut- und Rastvögel, Heuschrecken, Falter - geht damit einher.
Ermöglicht und finanziert wurde/wird diese Umstellung durch Kompensationsmaßnahmen aufgrund regionaler Engriffsvorhaben (Straße und Schiene). Das Projekt Seggewiesen war der erste Flächenpool zur Bündelung und Schaffung komplexer Kompensationslösungen im Land Brandenburg.
Details
- Projektträger:
- Landschaftspflegeverein Mittelbrandenburg e.v.
- Adresse:
- Jühnsdorfer Weg 55
15827 Blankenfelde-Mahlow - Förderprogramme:
Nein, das Projekt erhält keine Fördermittel. Allerdings ist die Finanzierung aus naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen gesichert
- Kooperationspartner:
- Stiftung Deutsche Landschaften, Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, DB Netz AG
Projektbeschreibung
Nur wenige Kilometer südlich der Berliner Stadtgrenze (Marienfelde/Lichtenrade) betrieben die Berliner Stadtgüter in Jühnsdorf (Blankenfelde-Mahlow) die zeitweilig größte Milchviehanlage mit über 3.000 bis 3.500 Rindern. Das Futter wurde vor Ort produziert, 4 - 5 Schnitte der Grünlandflächen waren an der Regel.
Die Grünlandflächen liegen auf Niedermoorstandorten an den südlichen Ausläufern der Teltow-Hochfläche und bestimmen hier zwischen Genshagen, Diedersdorf und Blankenfelde die Landschaft: flache Wiesen mit 3 - 4 Kulturgräsern, durchzogen mit zahlreichen Entwässerungsgräben, die alle zum Großbeerener Graben hinführten bzw. auch mittels Pumpstationen dorthin entwässerten. Die Flächen wurde im Zuge der DDR-Melioration in den 1960/70ern Jahren zu produktiven Intensivlandwirtschaftsflächen hergerichtet. Die Futterproduktion lief auf Hochtouren, Gras wurde auch zusammen mit Mais der bis zur Stadtgrenze reichenden Ackerflächen zu Silage verarbeitet. Hunderte von Hektar Grünland in der Niederung.
Mit dem Ende der DDR, politischer und wirtschaftlicher Umbrüche änderte sich die Landschaft auch ein wenig. Niemand wollte den Betrieb der Pumpstationen finanzieren, Zuständigkeiten waren unklar, der Produktionsleiter bot an, die tiefer liegenden Flächen aus der Produktion zu nehmen und für naturschutzfachliche Maßnahmen bzw. -rechtliche Kompensationsvorhaben bereitzustellen.
Rund 80ha, quasi die Badewanne rund um die Pumpstation, standen zur Diskussion.
Eine Konzeptidee des regionalen und 1993 gegründeten Landschaftspflegevereins fand Beachtung bei den Bauherren der Ausbauvariante der Bundesstraße 101. DEGES und Landesstraßenbetrieb Brandenburg hatten Interesse an dieser komplexen Kompensationsmaßnahme, heute ist der Begriff Flächenpool geläufig.
Viele Einzeleingriffe - die eigentliche B101, Anschlussstellen, Zuführungen usw. - fanden über einen langen Zeitraum den Weg zur Kompensation in den Seggewiesen in der Genshagener Niederung. Später kam noch die Deutsche Bahn mit nahen Eingriffsvorhaben dazu, bis die rund 80ha flächentechnisch zugeordnet aufgefüllt waren und das bei einer Stiftung gelagerte Projektkonto mit jeweiligen Anteilen versorgt. Zins und Zinseszins seinerzeit bei den Berechnungen berücksichtigt.
Von Beginn an und insgesamt über 25 Jahre festgelegter Maßnahmenzeitraum steuert, koordiniert und betreut der Landschaftspflegeverein Mittelbrandenburg diese große und herausfordernden Maßnahme.
Der Abriss der Pump- und der dazugehörigen Trafostation war eine der ersten Handlungen, die in dem nun naturschutzrelevanten Gebiet vorgenommen wurde. Mehrere Gutachten haben den Moorkörper, die Wasserstände, die Grundwasserfließrichtung, das Höhenprofil, die Artenausstattung usw. unter die Lupe genommen. Beinahe zu allen Schritten von der Planung bis zur Ausführung wurden regionale Büros der regionale Wasser und bodenverband ortsansässige Landwirte und Betriebe , die Kommunen und natürlich die zuständigen Fachbehörden von Landkreis und Land mit einbezogen und beteiligt.
Maßnahmen wie das Fällen von linienhaften Hybrid Pappeln entlang der Gewässer und deren Umbau und Entwicklung hinzu naturnahen Heckenstrukturen, Anpflanzungen mit Erlen und Weiden als Initiale für eine Art Auwaldentwicklung und natürlich die Umstellung der Bewirtschaftung der Flächen sind die wesentlichen Maßnahmen , die das Bild dieses Gebietes verändert haben. Aus dem produktionsgrünland wurde ein vielstrukturiertes, artenreiches Feuchtgebiet. Von November bis teilweise in den Juni stehen Blänken auf den Wiesen, laufen die Gräben über. Dank Monitoring und Wasser regulierung an umgebauten wären wird sichergestellt, dass auf dem umgebenden Grünland weiterhin gewirtschaftet werden kann. Die vielen Arten "zu Lande, zu Wasser und in der Luft" versammeln sich allerdings auffallend in und über den Seggewiesen. Wiesen-Alant, zahlreiche Simsen, Seggen, Kuckucks-Lichtnelke,
Bekassine, Biber, Eisvogel, Kiebitz sind nur einige zu nennende neue Bewohner und Gäste des Gebiets. Die Torfneubildung ist sicherlich nicht messbar und vermutlich auch noch gar nicht in Gang gesetzt. Aber der jährliche Zeitraum, in dem das Niedermoor deutlich nasser als zu "Grünlandzeiten" ist, wurde spürbar verlängert.