Ziele
Hoch- und Übergangsmoore zählen zu den am stärksten bedrohten Lebensraum-typen in Deutschland, insbesondere wenn sie wie beim Projektgebiet von "Schätze der Eiszeitlandschaft" am Rande ihres Hauptverbreitungsgebietes, dem Voralpinen Moor- und Hügelland liegen. Zahlreichen Vorkommen gefährdeter Pflanzen- und Tierarten nach den Roten Listen Bayern und Deutschland belegen deren Wertigkeit: So wurden im Projektgebiet 184 gefährdete Pflanzenarten und 111 gefährdete Tierarten nachgewiesen. Als geologische Erscheinung zeichnen sich Toteiskessel und -seen, die in Süddeutschland nur im Endmoränenkranz der Jungmoränen vorkommen, durch ihre Seltenheit und Einzigartigkeit aus.
Eine Zerstörung der Toteiskessel ist unwiederbringlich und unersetzlich. Auch aus landeskultureller Sicht sind die naturraumtypischen eiszeitlichen Formen von Bedeutung. In den Landkreisen Mühldorf und Rosenheim sind die Relikte der Eiszeitlandschaft besonders gut und zahlreich ausgeprägt und gehören zu den naturkundlichen Schatzkästchen der Region. Beide Landkreise tragen deshalb für deren Erhalt eine besondere und landesweite Verantwortung.
In der Vergangenheit wurde den Toteiskessel jedoch nicht die Bedeutung beigemessen, die sie besitzen, so dass ein dramatischer Schwund stattgefunden hat. Toteiskessel wurden aufgefüllt, entwässert, zur Bauschutt- oder Müllablagerung genutzt oder in Lösch- und Fischteiche umgewandelt. Von den früheren unzählbaren Schätzen der Eiszeit ist nur noch ein geringer Rest im Vergleich zum ursprünglichen Umfang vorhanden. Im Offenland liegende Toteisstrukturen sind durch die Kessellage außerdem in besonderem Maße durch Nährstoffe und Pestizide aus der angrenzenden landwirtschaftlichen Intensivnutzung beeinträchtigt. Auch fehlen Verbundstrukturen, die für den Austausch und die Wanderbewegungen vieler Arten notwendig sind.
Die Landschaft wird durch diese Entwicklung gleichförmiger und deren Eigenart geht mehr und mehr verloren.
Maßnahmen
1. Erhalt, Sicherung und ggf. Sanierung von Toteiskesseln und -seen als herausragende Lebensräume seltener und teils hochbedrohter Pflanzen- und Tierarten sowie als wichtige Trittsteine zwischen größeren Moorgebieten und Seen.
2. Überprüfung der aktuellen Bestandsituation der Toteiskessel hinsichtlich ihrer Vegetationsausprägung, Vorkommen charakteristischer Pflanzen- und Tierarten sowie potenzieller Verbundstrukturen, vorrangig im Offenland.
3. Vorrangige Sanierung und Optimierung von Toteiskesseln und –seen mit Verlandungskomplexen im Offenland bzgl. Wasserhaushalt und Nährstoffsituation (ausreichende Pufferzonen) sowie Wiederaufnahme der biotopprägenden Nutzungen (Entbuschung, Entstockung, Pflegemahd), vorrangig am Kesselsee, im Bereich der Toteisseen bei Babensham und im Irlhamer Moos.
4. Optimierung der Toteiskessel innerhalb von Waldflächen durch Verbesserung des Wasserhaushalts und der Retentionsfähigkeit sowie der eutrophen Nährstoffsituation und der Belichtungsverhältnisse durch ggf. Mahd, sowie bei Bedarf durch Entfernung von Holz- oder Abfallablagerungen.
5. Aufbau von Trittsteinen und Biotopverbundstrukturen zwischen Mooren und Toteisstrukturen im Offenland durch Einbeziehung kleinerer Feuchtflächen/Moore, Quellbereiche, Fließgewässer, Trockenstandorte und Extensivwiesen.
6. Sicherung und Optimierung bedeutender Vegetationsbestände (z. B. Schneidriedbestände am Kesselsee).
7. Umsetzung von Artenschutz-/hilfsmaßnahmen zur Förderung der Zielarten, insbesondere Stabilisierung und Ausdehnung der großen Kammmolchpopulation in Toteislöchern und Teichen im nördlichen und östlichen Projektgebiet.
8. Begleitende Öffentlichkeitsarbeit zur Information der Eigentümer, Landnutzer und der Bevölkerung zur Gewinnung von Umsetzungspartnern und als langfristige Schutzstrategie.
Die Trägergemeinschaft aus den Landkreisen Mühldorf a.Inn und Rosenheim zur Umsetzung der Projektziele ein durch den Bezirk Oberbayern und den Bayerischen Naturschutzfonds gefördertes BayernNetzNatur-Projekt gestartet. Die Umsetzung selbst erfolgt durch ein extern angesiedeltes Projektmanagement (Büro ifu-Plan, München) sowie der Biodiversitätsberatung der beiden Landratsämter.
Im Rahmen des Projektes konnten zahlreiche Öffentlichkeitsveranstaltungen und Landschaftspflegemaßnahmen sowie begleitende faunistische Erfolgskontrollen durchgeführt werden.
Auf bisher 77 Flächen wurde mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen.
• ca. 3,8 ha Entbuschung und Pflegemahd auf ca. 21 ha Fläche (Streu-, Mager- und Nasswiesen),
• Anlage oder Wiederherstellung von 27 Gewässern mit rund 3.000 m² Fläche,
• die Wiederherstellung von 4 Quellbereichen (u.a. Hangquellmoor mit Davall-Seggenried)
• die Wiedervernässung von ca. 18.400 m² Bruchwald und 7.200 m² Nieder- bzw. Übergangsmoor, Ankauf von ca. 0,5 ha Niedermoor
Faunistische Erfolgskontrolle von 2020-2022 auf 68 Probeflächen.
Öffentlichkeitsarbeit (Projekthomepage, Socialmedia, Öffentlichkeitsveranstaltungen)