Projekt zum Schutz und zur Weiterentwicklung Hessischer Niedermoore
Gefährlich, mystisch, lebensfeindlich – dem Moor haftet seit jeher ein schlechtes Image an. Seit Jahrhunderten werden Moore aus verschiedenen Nutzungsgründen entwässert und degradiert. Diese Zerstörung betrifft nicht nur die Hochmoore Norddeutschlands, sondern auch die zahlreichen Niedermoore der deutschen Mittelgebirge. Niedermoore sind meist in Quellbereichen oder Flussniederungen zu finden. Dabei gleicht ein Niedermoor nicht dem anderen: so tragen manche einen Erlenbruchwald, andere sind von Schilf bewachsen oder stechen durch eine blütenreiche Wiese mit Wollgras, Geflecktem Knabenkraut und Kuckucks-Lichtnelke hervor. Im Gegensatz zu ihren nahen Verwandten, den kalkreichen Niedermooren, stehen saure Niedermoore und Kleinseggensümpfe nicht unter dem europarechtlichen Schutz der FFH-Richtlinien und befinden sich meist außerhalb der Schutzgebiete Hessens. Auch wenn saure Niedermoore laut §30 BNatSchG einen gewissen Schutzstatus genießen, gehören sie mittlerweile hessenweit zu den stark gefährdeten Biotoptypen. Um den fortschreitenden Verlust zu stoppen und die zahlreichen Funktionen für Mensch und Natur aufrechtzuerhalten, bedarf es weiterer Schutzanstrengungen. So wurde das Niedermoor-Projekt ins Leben gerufen, um zusammen mit dem Land Hessen und allen Beteiligten vor Ort – wie Eigentümern, Pächtern, Kommunen und Ämtern – Konzepte zur Verbesserung des Zustandes zu entwickeln sowie Schutzmaßnahmen auf der Fläche umzusetzen und damit die Niedermoore langfristig zu erhalten.
Details
- Projektträger:
- NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe
- Adresse:
- Friedenstraße 26
35578 Wetzlar - Förderprogramme:
Hauptförderer ist das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV).
Auf Finanzierungstöpfe folgender Programme kann während der Arbeit zurückgegriffen werden: Klimaplan Hessen, früher Intergrierter Klimaschutzplan Hessen (IKSP), und Biodiversität in Hessen (Biodiv).
- Kooperationspartner:
- Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Projektbeschreibung
Niedermoore sind wahre Alleskönner unter den Lebensräumen. Sie bieten seltenen Tier- und Pflanzenarten, wie Bekassine, Rundblättriger Sonnentau und Blauschillernder Feuerfalter, einen Lebensraum, sorgen dank ihrer Filterfunktion für sauberes Grundwasser und halten das Wasser wie ein Schwamm in der Landschaft. Daneben tragen Niedermoore zum Klimaschutz bei, da sie Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Torf binden und somit als Kohlenstoffsenke fungieren. Die Funktionen für Mensch und Natur können jedoch nur gewährleistet werden, wenn die Lebensräume intakt sind. Stetige Entwässerungen, intensive Bewirtschaftungsformen, aber auch Verbrachungen der Flächen führen jedoch dazu, dass Niedermoore hessenweit zu den besonders stark gefährdeten Biotoptypen zählen. Daher hat es sich die NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe zur Aufgabe gemacht, diese wertvollen Lebensräume zu bewahren und so diese Schutzlücke zu schließen. Seit Mai 2020 betreut daher das Niedermoor-Projekt, das vom Hessischen Umweltministerium über eine Laufzeit von 4 Jahren gefördert wird, eine aus 168 sauren Niedermooren und Kleinseggensümpfen bestehende Projektkulisse auf über 100 ha Fläche. Ziel dabei ist es, bis zu 60 dieser Standorte langfristig zu erhalten.
Der erste Schritt auf dem Weg zur Sicherung einer Niedermoorfläche besteht aus der Kontaktaufnahme zu den Eigentümer:innen der Niedermoorflächen, die sich meist in privater Hand befinden. Eine erfolgreiche Kontaktaufnahme ist ein entscheidender Moment im Bereich des Niedermoorschutzes, da die Vorrausetzung für Renaturierungsmaßnahmen der Zugriff auf die Fläche ist. Erfreulicherweise sind Viele dem Naturschutz sehr offen eingestellt und sind dazu bereit, mit uns zu kooperieren. Besteht bei den Eigentümer:innen eine Verkaufsbereitschaft, gelangen die Flächen entweder in den Besitz der NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe oder des Landes Hessen. Dadurch werden die Flächen langfristig für den Naturschutz gesichert und mithilfe des entsprechenden Fachpersonals gepflegt und weiterentwickelt. Möchten Eigentümer:innen ihre Flächen jedoch behalten, fängt spätestens hier für uns der Bildungsauftrag an. Wir informieren die Eigentümer:innen über die Bedeutung ihrer Flächen sowie über die Dringlichkeit des Schutzes und schlagen Maßnahmen sowie Finanzierungsmittel zum Erhalt des Moores vor. Wird die Fläche von Pächter:innen genutzt, ist es sinnvoll, auch diese für den Niedermoorerhalt sowie für die stetige Kontrolle und Anpassung der Maßnahmen auf der Fläche zu sensibilisieren. So können bspw. auf einem Standort in Mittelhessen Ziele verfolgt werden, indem nach Rücksprache mit dem Nutzer, immer wieder Teilflächen von diesem ausgezäunt werden, um die Beweidungsintensität in verschiedenen empfindlichen Bereichen zu steuern und somit die Artenvielfalt des Kleinseggensumpfes zu erhalten.
So individuell jedes Niedermoor in seiner Größe, seinem Artinventar und seiner Wasserversorgung ist, so individuell müssen auch die Erhaltungsmaßnahmen sein, die auf den Standorten umgesetzt werden sollen. Daher muss die genaue Art der Pflege des Standorts immer vor Ort geprüft werden und stetig an die sich ändernden Bedingungen angepasst werden. Im Niedermoor-Projekt erarbeiten wir entsprechende Pflegemaßnahmen, wie die Verbesserung der Wasserqualität durch Entfernung von Drainagen oder eine Nutzungsextensivierung, sowie mögliche Finanzierungswege und suchen geeignete Projektpartner:innen vor Ort, die die Maßnahmen am Standort umsetzen. Bodengutachten, die im Rahmen des Projektes beauftragt werden, sollen dabei helfen, notwendige Maßnahmen besser verorten zu können. Dies ist insbesondere bei Flächen hilfreich, die sich innerhalb von Wäldern befinden. Hier konnten die Bodengutachten klären, in welchen Bereichen eine Gehölzentnahme zum Erhalt des Standortes sinnvoll ist. So konnte im Landkreis Marburg-Biedenkopf in Zusammenarbeit mit Hessen-Forst ein Niedermoor zugunsten der dort wachsenden Sonnentaupopulation renaturiert werden. Dabei wurden Gehölze aus dem Quellbereich entfernt und Totholz zum Anheben des Bachbettes eingebracht.
Über die oben beschriebene Vorgehensweise konnten bereits über 70 Flächen aus der Kulisse gesichert und damit die Projektziele bereits in der zweiten Hälfte der Projektlaufzeit erreicht werden. So konnten rund 16% der Flächen ins Eigentum der NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe gelangen und standortgerecht renaturiert werden. 39% der Flächen wurden vom Land Hessen gekauft – hier werden die Niedermoorflächen entweder durch HessenForst gepflegt oder Landwirt:innen im Sinne des Moorschutzes für die Pflege der Fläche beauftragt. 30% der Flächen konnten nach Absprache mit den zuständigen Ämtern an Schutzgebiete angegliedert werden und über das Management der Gebiete mitbetreut werden. Die restlichen Flächen wurden durch Gemeinden als Kompensations- oder Ökopunktemaßnahme aufgewertet, über Agrarprogramme von Landwirt:innen bewirtschaftet oder als Naturdenkmal ausgewiesen und damit langfristig gesichert