MARA - Margaritifera Restoration Alliance
Mit dem Ziel den Rückgang der stark gefährdeten Flussperlmuschelbestände zu stoppen und mittelfristig in einen positiven Trend umzukehren, setzt das Verbundvorhaben MARA erstmals ein Artenschutzkonzept für die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) bundesweit in die Praxis um. Dieses Konzept basiert auf einer Kombination aus kurz- sowie mittel- bis langfristig wirksamen Maßnahmen. Zur Vorbeugung eines zeitnahen Verlusts der Flussperlmuschel in Mitteleuropa wird ein Nachzuchtprogramm durchgeführt um die aktuell fehlende, natürliche Reproduktion auszugleichen. Mit einem lokal spezifisch angepassten Mix unterschiedlicher Aufwertungsmaßnahmen wird an der Wiederherstellung eines geeigneten Lebensraums gearbeitet. Ganz bewusst wird hierfür das Gesamtsystem Fließgewässer inklusive Einzugsgebiet in den Blick genommen. Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Wiederherstellung naturnaher Stoffkreisläufe, welche einerseits die Grundlage für die Ernährung der Flussperlmuschel darstellen und andererseits durch eine Verbesserung des Wasserrückhalts die Resilienz der Zielgewässer gegenüber den Veränderungen durch den Klimawandel erhöhen sollen. Ein solch integrativer Ansatz erfordert eine enge Zusammenarbeit mit zahlreichen Personen und Interessengruppen, weshalb alle Maßnahmen mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit flankiert werden. Diese fokussiert sich häufig auch auf individuelle Beratungsangebote und die Schaffung persönlicher Naturerlebnisse.
Details
- Projektträger:
- Trägergemeinschaft zur Rettung der Flussperlmuschel in Südostbayern bestehend aus Landkreis Passau, Stadt Passau, Landkreis Freyung-Grafenau, Landkreis Regen, Naturpark Oberer Bayerischer Wald, Landschaftspflegeverband Passau
- Adresse:
- Domplatz 11
94032 Passau - Förderprogramme:
Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Bundesamt für Naturschutz
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Bayerischer Naturschutzfonds
Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft
Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW
- Kooperationspartner:
- Bund Naturschutz Kreisgruppe Hof; Biologische Station StädteRegion Aachen; Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt; Technische Universität Dresden; Technische Universität München; Vogtlandkreis
Projektbeschreibung
Mit dem Ziel den Rückgang der stark gefährdeten Flussperlmuschelbestände zu stoppen und mittelfristig in einen positiven Trend umzukehren, setzt das Verbundvorhaben MARA erstmals ein Artenschutzkonzept für die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) bundesweit in die Praxis um. Um zunächst einem zeitnahen Verlust lokaler genetischer Linien aufgrund nach wie vor weitgehend fehlender selbstreproduzierender FPM-Populationen vorzubeugen, wird in den vier Projektgebieten ein Nachzuchtprogramm durchgeführt, das anhand genetischer Begleitmaßnahmen, der Führung von Zuchtbüchern sowie der Berücksichtigung autochthoner Bachforellenstämme (Salmo trutta) einer ständigen genetischen Validierung und methodischen Optimierung unterliegt. Zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit daraus resultierender Besatzmaßnahmen, erfolgt die Auswahl von Besatzstrecken basierend auf dem in ArKoNaVera (Umsetzung regionaler Schutzmaßnahmen und Entwicklung eines neuen überregionalen Artenschutzkonzeptes für die nationalen Verantwortungsarten Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) und Malermuschel (Unio pictorum)) neu entwickelten Entscheidungshilfewerkzeug unter Einbindung von Expertenwissen mit systematischer Verifizierung einer erfolgreichen Etablierung der Jungmuscheln an den Besatzstellen.
Die eingehende Analyse der Gewässerstrecken und deren angrenzenden Flächen dient gleichzeitig der Identifikation von Habitatdefiziten, die durch geeignete Maßnahmen behoben werden sollen. Hier wird ein integrativer Ansatz verfolgt, der auch die Bedürfnisse vergesellschaftet vorkommender Verantwortungsarten (wie z.B. Nase und Huchen) berücksichtigt. Neben strukturellen Aufwertungen soll vor allen Dingen über eine verbesserte Wasserspeicherung in der Fläche die Resilienz der Gewässersysteme gegenüber dem Klimawandel erhöht, die Sediment- und Stoffeinträge minimiert und die Nahrungszufuhr für die Muscheln verbessert werden. Hierzu wird in unterschiedlich strukturierten Einzugsgebieten zunächst mit einzelnen Landnutzenden an beispielhaften Maßnahmen die ökologische Wirksamkeit sowie die Auswirkungen auf Betriebsabläufe und Erträge herausgearbeitet um best-practice Beispiele zu schaffen, die anschließend großflächig angewendet werden können. Die hierfür notwendigen Flächen sind dank der Kooperation mit einem landwirtschaftlichen Betrieb, dem Hofgut Eichigt, verfügbar. Die konsequente Begleitung aller Maßnahmen ermöglicht eine fortlaufende Evaluation der Maßnahmeneffekte und dadurch eine stetige Optimierung von Maßnahmenpaketen. Als zusätzliche Referenz zur Maßnahmenbewertung wird die Lutter in Niedersachsen in das Projekt einbezogen, wo aktuell die einzige selbsterhaltende Flussperlmuschelpopulation in Deutschland vorhanden ist.
In allen Projektgebieten wird die Maßnahmenumsetzung durch einen intensiven Austausch mit Stakeholdern und einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit flankiert, die vor allem darauf abzielt nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch durch persönliche Natur- und Kunsterlebnisse eine Begeisterung für die Themen Muschel- und Gewässerschutz zu entfachen. Insbesondere durch die Verknüpfung von Kunst und Naturschutz soll anhand einer Wanderausstellung mit über 100 Exponaten sowie der Ausarbeitung eines Theaterstücks ein neuer Personenkreis für die Bedeutung des Muschel- und Gewässerschutzes sensibilisiert werden.
Nach der Vernetzung der regionalen Initiativen auf Bundesebene wird im Rahmen des Projekts auch die internationale Vernetzung des Flussperlmuschelschutzes vorangetrieben. Hierfür wurde bereits ein regelmäßiger "e-chat" etabliert sowie eine internationale Fachtagung und eine Training School durchgeführt.
Bereits jetzt zeigen sich erste positive Effekte der Schutzmaßnahmen. So konnte der jahrzehntelange Abwärtstrend der Flussperlmuschelbestände in den Zielgebieten erstmals gestoppt und die Bestände stabilisiert werden, wie die Nachverfolgung der bereits ausgewilderten Jungmuscheln und die aktuellen Bestandskartierungen belegen. Bestände wie im Perlbach und der Weißen Elster wären ohne Nachzucht sogar bereits jetzt vollständig erloschen und hängen vollständig von einer Fortsetzung dieser Maßnahme ab. Dank der erfolgreichen Jungmuscheletablierung konnte auch eine erste Verjüngung der überalterten Bestände eingeleitet werden. Bei konsequenter Fortführung des eingeschlagenen Wegs erscheint somit das abschließende Ziel der Wiederherstellung selbsterhaltender Flussperlmuschelbestände mittelfristig zumindest in einigen Gewässern erreichbar zu sein.