Erhalt und Wiederansiedlung der Bachmuschel (Unio crassus) in Fließgewässern Brandenburgs
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Bachmuschel eine der häufigsten Muschelarten in Brandenburg und kam in nahezu allen Fließgewässern vor.
Heute ist sie deutschlandweit vom Aussterben bedroht. Dabei ist die Bachmuschel von enormer ökologischer Bedeutung und zählt zu den sogenannten Schirmarten, das bedeutet ihr Schutz sichert das Überleben vieler weitere Arten im Lebensraum Fließgewässer.
Gründe für den Rückgang der Muschelpopulatonen sind der Verlust von intakten Fließgewässern: Vor allem bauliche Veränderungen an den Gewässern hatten und haben einen negativen Einfluss. Durch die Begradigung und den Ausbau wurden Lebensraumstrukturen wie Totholz und flutende Wasserpflanzenvegetation entfernt, wodurch die Fließgewässer ohne Eigendynamik und Heterogenität sind.
Die Bachmuschel braucht ein funktionierendes, ökologisch intaktes Fließgewässersystem mit entsprechenden Habitaten zum Überleben – und genau hier setzt das Projekt wir an: Mit dem Einbau von Kies und Totholz erhalten die Flüsse und Bäche wieder mehr Sturktur und Dynamik, still gelegte Altläufe werden wieder angeschlossen und nicht mehr benötigte Entwässerungsgräben verschlossen. Mit der Pflanzung von Hecken und weiteren Ufergehölzen und der Anlage von Gewässerrandstreifen sollen zukünftig Sediment- und Nährstoffeinträge minimiert werden.
In Fließgewässern, in denen die Bachmuschel heute ausgestorben ist, wird auch die Wiederansiedlung eine Maßnahme sein.
Details
- Projektträger:
- Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg
- Adresse:
- Heinrich-Mann-Allee 18/19
14473 Potsdam - Förderprogramme:
8,7 Millionen Euro aus dem LIFE-Programm der Europäischen Union.
Bis zu 4 Millionen Euro Eigenanteil der Stiftung NaturSchutzfonds Brandenburg aus der Ersatzzahlung.
- Kooperationspartner:
- Institut für Binnenfischerei, Staatliches Naturkundemuseum Stuttgart
Projektbeschreibung
Noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts war die Bachmuschel eine der häufigsten Muschelarten in Brandenburg und kam in nahezu allen Fließgewässern vor. Ihre Bestände waren in einigen Regionen so groß, dass sogar Hühner und Schweine damit gefüttert wurden. Heute ist die Bachmuschel deutschlandweit – auch in Brandenburg – vom Aussterben bedroht. Dabei ist die Bachmuschel von enormer ökologischer Bedeutung. Jedes einzelne Exemplar filtert pro Tag etwa 85 Liter Wasser und reinigt so Flüsse und Bäche: Wo die Bachmuschel vorkommt, sind die Fließgewässer weitgehend gesund. Wer die Bachmuschel schützt, schützt also auch Fließgewässer.
Die Gründe für den Rückgang der Bachmuscheln sind vielfältig: So haben vor allem der Ausbau und die Begradigung von Gewässern mit der Beseitigung von Totholz, Wasserpflanzen und Ufergehölzen die Lebensräume und -bedingungen der Bachmuschel deutlich verändert. Weil Gewässerrandstreifen und Gehölze an vielen Flüssen und Bächen fehlen, gelangen nicht nur Sedimente, sondern auch Nährstoffe und Reste von Pflanzenschutzmitteln von den Feldern direkt in die Gewässer. Auch das Fehlen geeigneter Wirtsfische setzt den Muschelbeständen zu: Vor allem die Elritze und die Groppe spielen im komplexen Fortpflanzungszyklus der Mollusken eine lebenswichtige Rolle, da sich deren Larven als Parasiten an den Kiemen der Fische anheften und sich nur dort zur Muschel entwickeln können. Die in der Vergangenheit gebauten Wehre stellen vielerorts bis heute unüberwindbare Barrieren für die Fische und weitere Fließgewässerarten dar.
Mit „LIFE Bachmuschel“ möchte die Stiftung NaturSchutzFonds die Populationen der Bachmuschel in elf Fließgewässern im Land Brandenburg erhalten und vergrößern. Schwerpunktgewässer des Projekts sind die Stepenitz, die Dosse und der Rhin, die Dahme und der Spreewald. Hier sollen geeignete Lebensräume sowohl für die Muscheln als auch für ihre Wirtsfische geschaffen werden. Dazu werden vor allem Kies und Totholz für mehr Strukturen und Dynamik in die Gewässer eingebaut sowie bei der Begradigung der Gewässer stillgelegte Altläufe wieder angeschlossen. In vielen Einzugsgebieten sollen zudem nicht mehr benötigte Entwässerungsgräben verschlossen werden. Die Pflanzung von Hecken und weiteren Ufergehölzen und die Anlage von Gewässerrandstreifen sollen zukünftig Sediment- und Nährstoffeinträge minimieren. Der Schatten der Gehölze verhindert überdies, dass sich das Wasser zu stark erwärmt.
Außerdem werden an einigen Stellen sogenannte Sandfänge in den Gewässern angelegt, um den Überschuss an Feinsedimenten wieder zu entnehmen zu können. Junge Bachmuscheln sind darauf angewiesen, dass die Gewässersohle gut durchströmt und dadurch mit Sauerstoff versorgt werden kann. Mächtige Sedimentablagerungen verhindern dies, wodurch der Bachmuschelnachwuchs und das Fortbestehen der Populationen gefährdet werden.
In historisch besiedelten Fließgewässern, wo die Bachmuschel heute ausgestorbenist , sollen neue Populationen wiederangesiedelt werden. Hierzu werden im Rahmen des Projektes auch die Wirtsfischgemeinschaften gefördert und entwickelt.
Von den zahlreichen Maßnahmen werden nicht nur die Bachmuschelbestände profitieren, sondern viele weitere Arten des Lebensraums Fließgewässer wie Steinbeißer, Groppe und Edelkrebs.