Im Südosten Mecklenburg-Vorpommerns, auf dem rund 2600 Hektar großen stiftungseigenen Modellbetrieb Gut Klepelshagen, zeigt die Deutsche Wildtier Stiftung, wie Land- und Forstwirtschaft mit Artenschutz in Einklang gebracht werden kann. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Renaturierung von ehemals trockengelegten Feuchtgebieten wie Söllen, Niedermooren, Gewässern und Feuchtwiesen. Im Zuge der Industrialisierung, insbesondere aber im Rahmen der Urbarmachung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen, wurde große Feuchtgebiete in der DDR entwässert und damit der Lebensraum vieler auf Gewässer angewiesene Tier- und Pflanzenarten zerstört. Später kam der intensive Einsatz von Dünger und Pestiziden erschwerend hinzu und noch vorhandene Feuchtgebiete für spezialisierte, angepasste Arten wurden entwertet. In den letzten Jahren ist die durch den Klimawandel verursachte Trockenheit, insbesondere in den kontinental geprägten Gebieten Ostdeutschlands, zum zusätzlichen Problem geworden. Gut Klepelshagen ist der Modellbetrieb der Deutschen Wildtier Stiftung. Hier soll gezeigt werden, wie Land- und Forstwirtschaft gewinnbringend mit den Zielen des Natur- und Artenschutzes in Einklang gebracht werden kann. Ganz konkret heißt das, das wir Lebensräume für seltene, gefährdete oder gar vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten schaffen und diese dauerhaft in einer ansonsten intensiv genutzten Agrarlandschaft erhalten. Seit der Übernahme der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft Klepelshagen wurde bereits im Jahr 1997 mit der Renaturierung des ersten Feuchtgebietes, dem Hinterwiesenweiher, begonnen. In den Folgejahren wurden weitere, systematisch trockengelegte und degradierte Feuchtgebiete, identifiziert und renaturiert. Bis heute wurden so insgesamt 38 Hektar Feuchtgebiete wiedervernässt. Außerdem schlängeln sich 1362 m renaturierte, naturnahe Bachläufe wieder durch die Flächen des Guts Klepelshagen. Dadurch haben sich viele gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und Tierarten wiederansiedeln können. Dazu zählen Wasserpflanzen wie seltene Armleuchteralgen, die Krebsschere oder der Froschbiss in den Gewässern, Sumpf-Herzblatt, Orchideen wie das steifblättrige Knabenkraut oder die Kuckuckslichtnelke in den Feuchtwiesen oder das Wollgras in den Niedermooren. Unzählige Rotbauchunken und Laubfrösche sorgen im Mai allabendlich für ein eindrucksvolles Konzert. Zur Paarungszeit im April findet man die blauen Moorfroschmännchen, Ringelnattern und den Waldwasserläufer in den Moorbereichen. Der Seeadler brütet wieder auf Gut Klepelshagen und profitiert von der hohen Gewässerdichte. Rothalstaucher, Zwergtaucher und Rohrdommel bevölkern die Gewässer mit naturnahen Uferstrukturen. Auch Fischotter und der Biber haben auf Gut Klepelshagen einen Lebensraum gefunden. Die Sumpfschrecke bevölkert die Feuchtwiesen. Die vielen Sölle der Endmoränenlandschaft bieten optimales Bruthabitat für den Kranich. Insgesamt 24 Brutpaare konnten in 2023 erfasst werden. Durch die Zerstörung von naturnahen Gewässern vielerorts verschwundene Arten, wie der vom Aussterben bedrohte europäische Flusskrebs, wurden erfolgreich wieder angesiedelt. Ein Projekt zur Wiederansiedlung der vom Aussterben bedrohten europäischen Sumpfschildkröte wurde im Jahr 2018 initiiert und Gewässer für die einzige, heimische Schildkrötenart optimiert. Sobald die Grundlagen für die Wiederansiedlung geschaffen sind, sollen 75 juvenile Sumpfschildkröten auf Gut Klepelshagen ausgewildert werden. Zusätzlich wurden Alternativlebensräume geschaffen, um gefährdeten Arten, die durch die Zerstörung naturnaher Gewässer ihren Lebensraum in der Normallandschaft verloren haben, ein Brut- und Nahrungshabitat zur Verfügung gestellt. Durch eigens entwickelte künstliche Nisthilfen konnte sich eine Kolonie der stark gefährdeten Trauerseeschwalbe mit bis zu 60 Brutpaaren auf Gut Klepelshagen etablieren. Durch das Ausbringen von Schwimmflössen für die Flussseeschwalbe brüten heute bis zu 33 Brutpaare des Langstreckenziehers auf Gut Klepelshagen. Eine extra geschaffene Abbruchkante wies schon im ersten Jahr 477 Brutröhren der Uferschwalbe auf. Durch das Aufstellen von künstlichen Fischadlerhorsten konnten bereits zwei Brutpaare des Fischadlers dauerhaft in Klepelshagen angesiedelt werden. Durch die Optimierung einer Feuchtwiese in der Friedländer Großen Wiese soll in den nächsten Jahren Lebensraum für Kiebietz, Uferschnepfe und Wachtelkönig geschaffen werden. Ein jährliches wissenschaftliches Monitoring aller dieser Arten wurde implementiert und soll auf weitere Arten, wie z.B. Libellen, erweitert werden. Durch die erfolgreiche Renaturierung naturnaher Feuchtlebensräume und die nachhaltige Wiederansiedlung bedrohter Arten dieser Lebensräume ist Gut Klepelshagen ein Vorbild für andere landwirtschaftliche Betriebe, die um Zuge der Biodiversitätskrise auf ökologisch nachhaltigere Nutzungssysteme umstellen und trotzdem ökonomisch erfolgreich wirtschaften müssen.