Entwicklung und Anwendung eines modularen Biodiversitäts-Toolkits für den Weinbau in Deutschland
AmBiTo ist ein deutschlandweites Projekt zur Stärkung der Biodiversität im Weinbau mit einer Laufzeit von 6 Jahren. Besetzt mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Weinbau, Nachhaltigkeitszertifizierung und Wissenschaft werden regional und individuell angepasste Biodiversitätsmaßnahmen gemeinsam mit den Winzerinnen und Winzern entwickelt, getestet und umgesetzt. Ziel von AmBiTo ist die Entwicklung eines modularen interaktiven Biodiversitäts-Toolkits: Ein digitaler Maßnahmenkatalog, mit dessen Hilfe Betriebe aus allen deutschen Weinbaugebieten aufgrund ihrer individuellen Rahmendaten niedrigschwellig konkrete Vorschläge erhalten, welche Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität für ihre jeweiligen Bedingungen am besten geeignet sind und wie sie diese planen und durchführen können. So sollen langfristig und effektiv die Biodiversität im Weinbau erhöht werden.
AmBiTo zeichnet sich besonders durch Praxisnähe und ganzheitliche Umsetzung aus: Vom Start weg wurden sichtbare Sofortmaßnahmen bei teilnehmenden Betrieben umgesetzt, in allen Weinbauregionen werden Demonstrations-Weinberge zur Veranschaulichung von Biodiversitätsmaßnahmen gestaltet und – unterstützt von Modellbetrieben – ein auch an Endverbraucher gerichtetes Artenschutzprogramm initiiert, um diese für die Relevanz von Biodiversität und Artenschutz zu sensibilisieren und zu informieren. Dank der wissenschaftlichen Begleitforschung werden alle Maßnahmen kontinuierlich kontrolliert, optimiert und weiterentwickelt.
Details
- Adresse:
- In der Raste 12
53129 Bonn - Förderprogramme:
Gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)
- Kooperationspartner:
- Hochschule Geisenheim University (HGU)
Projektbeschreibung
AmBiTo besteht aus komplexen Teilprojekten, die ganzheitlich ineinandergreifen. Im Folgenden können diese nur skizziert werden:
Biodiversitätsberatung und Sofortmaßnahmen
Die Beratung umfasst drei Kategorien: Weinberg, Betriebsstätte und öffentliche Flächen. Bisher wurden Maßnahmen für Weinberg und Betriebsstätte umgesetzt: Gassen- und Saumbegrünung, Nisthilfen sowie Gehölzpflanzungen. Maßnahmen auf Gemeindeflächen (Laumersheim) und in einem Naturschutzgebiet (Bad Dürkheim) sind konkret in Planung.
Insgesamt wurden je 7 verschiedene Blühmischungen zur Gassen- und Saumbegrünung für unterschiedliche Bodenansprüche entwickelt, jeweils auf Basis von Regiosaatgut unter Berücksichtigung natürlicher Artvor¬kommen der jeweiligen Regionen.
Als Sofortmaßnahmen erhielten die Betriebe ein umfangreiches Nisthilfenpaket für Betriebsstätten, Weinbergshütten und freie Landschaft inkl. ausführlicher Anleitung sowie persönliche Beratung zur Pflege von Rasenflächen und Säumen, Pflanzung von Hecken, Büschen und Bäumen, Anlegen offener Bodenbereiche und Lichtteiche sowie der Gestaltung von Holzstößen, Totholz- und Steinhaufen.
Zur Effektkontrolle aller umgesetzten Maßnahmen wird jährlich ein Monitoring durchgeführt. Die Daten werden durch die HGU verifiziert, Maßnahmen werden über die Projektlaufzeit optimiert. Darüber hinaus wird mithilfe eines eigens entwickelten AmBiTo-Bewertungssystems die gesamte Biodiversitätsleistung eines weinbaulichen Betriebs erfasst. In jeder Kategorie (z.B. landwirtschaftlicher Nutzungstyp, Blühmischungen, ökologische Strukturen, Vorkommen von Zielarten) werden bestimmte Parameter erfasst und bepunktet.
AmBiTo-Artenschutz
Ein Herzstück bildet das AmBiTo-Artenschutzprogramm mit der Entwicklung des ART’N SCHUTZ WEINES: In Weinbauregionen besonders gefährdete Arten werden von einem Weingut gefördert, das je einen Wein abstellt: Mosel-Apollofalter (Schlossgut Liebieg, Mosel), Westliche Smaragdeidechse (Wein- und Sektgut Bamberger, Nahe), Wiedehopf (Weingut Jung & Knobloch, Rheinhessen), Ortolan (Weingut Hans Wirsching, Franken), Weinbergsgeophyten (Genossenschaft Winzer Sommerach, Franken) und Steinkauz (Kellerei Wilhelm Kern, Württemberg). Dadurch werden Weinkonsumenten direkt für Artenschutz und Biodiversität sensibilisiert. Flaschenanhänger informieren detailliert über Zielart und Maßnahmen. Vom Erlös jeder Flasche fließt 1 Euro direkt in den Artenschutz. AmBiTo begleitet und koordiniert die Artenschutzmaßnahmen fachlich und setzt diese gemeinsam mit den Winzern und lokalen Naturschutzorganisationen vor Ort um – zur Förderung der gesamten Lebensgemeinschaft im jeweiligen Weinberg.
Demonstrationsweinberge
Mit der Gestaltung von Demonstrationsweinbergen in allen deutschen Weinbauregionen werden einzelne Biodiversitätsmaßnahmen und deren Effekte sowohl praktisch im Gelände als auch theoretisch anhand von Informationstafeln veranschaulicht und erlebbar gemacht. Diverse Zielgruppen (Winzer, ortsansässige Bevölkerung, Schulen, Touristen usw.) können sich – ergänzt durch digital verfügbares Info- und Kartenmaterial – zu Biodiversitätsmaßnahmen, Naturschutz und Artenvielfalt in der Kulturlandschaft weiterbilden.
Wissenschaftliche Begleitforschung
Die Biodiversitäts-Begleitforschung entwickelt Lösungen für Nutzungskonflikte bei der Förderung der Artenvielfalt im Weinbau zu folgenden Fragen: 1) Begrünung: Welche Pflanzenarten sind bei welcher Bewirtschaftung optimal, um die Begrünung von Weinbergsgassen langfristig in Einklang mit den Ansprüchen der Rebe biodiversitätsfördernd zu gestalten? 2) Wie müssen Weinberge gestaltet und bewirtschaftet werden, damit sie dauerhaft wertvollen Lebensraum für die regionale Flora und Fauna bieten? 3) Wie lässt sich Biodiversitätsförderung mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Weinberge in Einklang bringen? 4) Wie wirken sich einzelne Maßnahmen auf weinbergtypische Zielarten aus? Dazu wurden eigens Versuchsweinberge angelegt, um neue Maßnahmen und ihre Effekte zu testen.
Die Sozioökonomische Begleitforschung findet Antworten auf die Fragen, 1) Welche Treiber/Hemmnisse seitens der Winzer gibt es? 2) Welche individuellen Förderprogramme stehen zur Verfügung? 3) Wie kann sich Biodiversität wirtschaftlich lohnen? Dazu werden umfangreiche qualitative Studien durchgeführt.
Drohne mit Multispektralkamera
Mittels einer Multispektralkamera, die an einer Drohne befestigt war, wurden Flüge über Versuchsweinbergen durchgeführt, um multispektrale Aufnahmen zu machen. Damit lassen sich zeiträumliche Vegetationsveränderungen erfassen. Die gewonnenen Bilddaten werden hinsichtlich verschiedener Vegetationsindizes, die in direktem Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand der Vegetation stehen, im Rahmen einer Bachelorarbeit analysiert und ausgewertet. Sollte sich die Methode als geeignet erweisen, könnte sie neben dem Biodiversitätsmonitoring zur Erforschung der Einsaaten Anwendung finden, um langfristige Veränderungen der unterschiedlich bewirtschafteten Rebgassen zu dokumentieren.