Ganzheitlich & landseitig – Kooperativer Natur- und Gewässerschutz am Ostseemeeresarm Schlei
Deutschlands einziger Meeresarm, die Schlei, verknüpft das Schleswig-Holsteinische Binnenland mit der Ostsee, Süß- mit Salzwasser, landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft mit wilden Naturräumen sowie Menschen mit Jahrhunderte alten Küstenlebensräumen. Doch das Herzstück der Region ist aufgrund seines anhaltend schlechten ökologischen Zustands in seinem Erhalt gefährdet. Auch die charakteristischen Küstenlebensräume wie Salzwiesen, Strandseen und deren Pflanzen- und Tierwelt sind selten geworden. Der kommunal getragene Naturpark Schlei e.V. zeigt mit seinen beiden Initiativen, der „Lokalen Aktion Schlei“ und dem „Modellprojekt Schlei“, auf besondere Weise wie durch kooperative Zusammenarbeit auf regionaler Ebene wertvolle Küstenökosysteme wiederhergestellt und in ihrer Vielfalt bewahrt werden können. Während das Modellprojekt an der Stellschraube „Gewässerqualität“ des Meeresarms dreht und mit Landnutzer*innen und Akteuren im Hinterland am Nährstoffrückhalt und der Bewusstseinsbildung zum Thema arbeitet, renaturiert die Lokale Aktion seltene, verloren gegangene Salzwiesen und andere pflegeabhängige Lebensräume am Schleiufer. Gemeinschaftlich wird so vor Ort Biodiversitäts-, Gewässer- und Klimaschutz zur Bewahrung des einzigartigen Küstengewässers Schlei geleistet.
Details
- Projektträger:
- Naturpark Schlei e. V.
- Adresse:
- Plessenstraße 7
24837 Schleswig - Förderprogramme:
- Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein
- Kreise Schleswig-Flensburg und Rendsburg-Eckernförde
- ELER-Förderung
- Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein
- Verband Deutscher Naturparke / Kaufland
- Dampsoft GmbH
Projektbeschreibung
Ein bedeutendes Ziel der Natur- und Umweltschutzarbeit beim Naturpark Schlei ist der Erhalt, die Wiederherstellung & Pflege von selten gewordenen Küstenlebensräumen rund um den Meeresarm Schlei sowie die Verbesserung seines Umweltzustands selbst. Die Motivation dieses Ziel konsequent zu verfolgen und der deutschlandweiten Verantwortung nachzukommen, den einzigartigen Meeresarm zu bewahren, spiegelt sich in der Andockung der beiden Initiativen Lokale Aktion Schlei (seit 2014) und des Modellprojekt Schlei (seit 2020) an den Naturparkverein wider.
Die Schleiregion ist seit Jahrhunderten von der menschlichen Nutzung geprägt. Das charakteristische Landschaftsbild mit den sanft hügeligen Äckern, Wiesen und Weiden mit den regionaltypischen Knicks wird von dem 42km langen Meeresarm wie einer Lebensader durchflossen. Die Schlei verzahnt dabei die Ostsee mit dem Binnenland und schafft aufgrund ihrer Engen und Breiten sowie der Kombination von Salz-, Brack- und Süßwasser einen einzigartigen Lebensraum im Wasser wie an Land. Intensive Landnutzung, Industrie- und Kläranlagen im 70.000 ha großen Gewässereinzugsgebiet sowie veränderte Nutzungsansprüche der Gesellschaft haben den Umweltzustand der Schlei sowie ihre charakteristischen Biotope in der Vergangenheit negativ verändert.
Die Lokale Aktion Schlei hat zur Aufgabe in enger Kooperation mit Landnutzer*innen und Landeigentümer*innen wertvolle Küstenlebensräume wie Salzwiesen (FFH-LRT 1330), Lagunen/Strandseen (FFH-LRT 1150) und andere Feuchtgrünlandausprägungen entlang der als FFH- und Vogelschutzgebiet ausgewiesenen Schleiufer und angrenzenden Gebiete wiederherzustellen. Vor allem die pflegeabhängigen Salzwiesen spielen zum Erhalt der biologischen Vielfalt eine große Rolle, da sie in der heutigen Landwirtschaft keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr darstellen und ihren naturschutzfachlichen Wert verlieren. Mithilfe von Landes- und EU-Fördermitteln werden Zäune um die verbrachten Standorte am Schleiufer gebaut, Schilf- und Gebüschaufwuchs initial entfernt und alles für die Kooperation mit Landwirt*innen vorbereitet, die die Salzwiesen fortan extensiv beweiden. Durch die kooperative Einbindung der örtlichen Landwirt*innen konnten so in den vergangenen Jahren gut 50 ha der artenreichen Salz- und Feuchtwiesen wiederhergestellt werden.
Neben der Förderung und Wiederherstellung von landseitigen Küstenlebensräumen, steht auch die Verbesserung des Umweltzustands des Meeresarms selbst im Fokus der Naturparkarbeit. Mit neuen Impulsen und einem „Bottom-up-Ansatz“ wirkt das Modellprojekt Schlei als Netzwerkplattform für die eigenen und weiteren regionalen Aktivitäten zur Verbesserung der Gewässerqualität. Auf diese Weise sollen die Synergien der Akteure und die Aktivitäten zur Verbesserung des Umweltzustands gestärkt werden. Bei eigenen Maßnahmen setzt das Modellprojekt landseitig, bei den diffusen Quellpfaden aus der Landnutzung an und stärkt die Bewusstseinsbildung zum Thema auf unterschiedlichen Ebenen. So wurden einerseits durch neue Vertragsmuster mindestens 10m breite Gewässerrandstreifen auf über 25 ha über mehrere Jahre angelegt und mit Regio-Saatgut aufgewertet oder auf insg. 20 ha Ackersenken temporär aus der Nutzung genommen. Ein großer Erfolg war außerdem die Flächensicherung durch Landtausch und -kauf einer etwa 25ha großen Niederung am Schleiufer, die als dauerhafter Retentionsraum für Nährstoffe und Wasser aus dem Hinterland fungiert und durch die Öffnung eines Regionaldeichs ebenfalls eine Funktion als Brackwasserlagune einnehmen kann. Weiterhin gehören zum ganzheitlichen Konzept des Modellprojekts die Weiterentwicklung der Forschung zu Anreizen für ein verbessertes Nährstoffmanagement ab Hof sowie ein optimiertes Monitoring der Gewässerqualität in den Zuflüssen in die Schlei – jeweils über Kooperationsprojekte mit der Universität Kiel. Ein weiterer essentieller Bestandteil des Modellprojekts ist die Bewusstseinsbildung zum Thema Küstenlebensräume und Gewässerqualität – denn bekanntlich schützt man nur das, was man kennt. In diesem Zusammenhang sind als konkrete Maßnahmen in den vergangenen Jahren drei Informationstafeln, zwei digitale Themenpfade, drei Umweltbildungsmodule für Grundschulen, ein Modul für Oberstufenschüler*innen und ein Konzept für die Integration der Inhalte in die Berufsschulen Fachrichtung Agrarwirtschaft entstanden. Insgesamt wurden jährlich vom Projektteam mehrere Projektwochen und Workshops, Feldexkursionen und Vorträge mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durchgeführt. Eine weitere Besonderheit im Modellprojekt ist die Förderung der regionalen Wertschöpfung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zur Stärkung eines nachhaltigeren, gewässerfreundlicherem Wirtschaftens.
Darüber hinaus engagiert sich der Naturpark Schlei zum besseren Schutz von Brut- und Rastvögeln auf der Schlei (Flyer für Wassersportler) sowie der Kies- und Sandstrände (Auszäunung und Beschilderung zum Schutz von Sandregenpfeifern) durch intensive Kommunikation der Ranger.