chance.natur – "Nordvorpommersche Waldlandschaft"
Das chance.natur Projekt "Nordvorpommersche Waldlandschaft" ist ein vom Bund, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, den 18 Partnergemeinden innerhalb des Projektgebietes sowie dem Landkreis Vorpommern-Rügen finanziertes Naturschutzprojekt. Diese land- und forstwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft zeichnet sich durch einen im Landesdurchschnitt sehr hohen Waldanteil sowie ein sehr hohes Artenspektrum aus.
Ziel ist es, schutzwürdige Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung zu errichten und dauerhaft zu sichern. Hiervon soll insbesondere der Schreiadler als schützenswerte Art profitieren, welcher im Projektgebiet einige seiner letzten Brutreviere in Deutschland hat, jedoch seit einigen Jahrzehnten rückläufig ist. Durch das Projekt können verschiedene Maßnahmen zum Erhalt der Brutwälder als auch der Nahrungshabitate im Offenland die Lebensbedingungen des Schreiadlers optimieren. Da der kleinste Adler Deutschlands in störungsarmen und vielfältigen Wäldern brütet, liegt ein besonderes Augenmerk auf dem Schutz und Erhalt dieser Waldbereiche. Über Instrumente wie Flächenerwerb oder vertraglich vereinbarten, dauerhaften forstlichen Nutzungsverzicht werden im Rahmen des Projektes Waldbereiche geschaffen, die gänzlich ihrer eigenen Entwicklung überlassen werden. Dort können sich verschiedene Altersphasen des Waldes herausbilden, Alt- und Totholzbestände die Biodiversität im Wald erhöhen und dem Schreiadler somit ein naturnäheres Bruthabitat bieten.
Details
- Projektträger:
- Landkreis Vorpommern-Rügen
- Adresse:
- Gartenstraße 65A
18442 Niepars - Förderprogramme:
Bundesförderprogramm chance.natur
Förderung über Bundesmittel, Landesmittel, Partnergemeinden und Landkreis Vorpommern-Rügen
- Kooperationspartner:
- Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie M-V, Deutsche Wildtierstiftung, EU Life Schreiadler-Projekt , Forstamt Schuenhagen, Backstein Geist und Garten e.V., Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst e.V., Tourismusverein Vogelparkregion Recknitztal e.V., NABU Nordvorpommern, Bauernverband Nordvorpommern, Landkreis VR, NABU-Kranichzentrum Groß Mohrdorf, verschiedene lokale Forst- und Landwirtschaftsbetriebe, Amt Recknitz-Trebeltal, Amt Franzburg-Richtenberg, Amt Niepars sowie 17 Partnergemeinden
Projektbeschreibung
Die „Nordvorpommersche Waldlandschaft“ stellt einen typischen Ausschnitt des Naturraumes „Norddeutsche jungpleistozäne Lehmplatten“ dar. Innerhalb dieses Ausschnittes, welcher dem gleichnamigen FFH- und Vogelschutz-Gebiet entspricht, sollen besonders schützenswerte Tier- und Pflanzenarten und Biotope gefördert und auf Dauer gesichert werden. Der Schwerpunkt der Projektmaßnahmen zielen hierbei auf die Verbesserung des Bestands der Schreiadlerpopulation ab. Die wesentlichen Projektziele unterteilen sich in Wald-, Offenland- und Biotopmaßnahmen, die der Vollständigkeit halber nachfolgend vorgestellt werden. Primär sollen jedoch die Vorhaben zur Etablierung naturnaher Waldlandschaften beleuchtet werden.
Ziel 1: Etablierung naturnaher Waldbereiche innerhalb des Wirtschaftswaldes
Hierfür wird die Förderung eines hohen Struktur- und Standortreichtums sowie baumartenreicher Bestände aller Altersphasen verfolgt. Diese befinden sich nicht allein in direkter Nähe zu Schreiadler-Brutrevieren, sondern können auch zum allgemeinen Erhalt bzw. zur Einrichtung wertvoller Naturwaldstrukturen dienen.
Einerseits wird dies über ein Netz kleinerer, im Durchschnitt etwa 5 ha umfassender Prozessschutzflächen mit bereits vorhandenem Altholzbestand umgesetzt. Diese werden, mit ihren Alters- und Absterbephasen der Waldentwicklung, als sogenannte "Altholzinseln" dauerhaft unter Schutz gestellt. Dies dient der Erhöhung des Alt- und Totholzanteils im Wald und der darauf angewiesenen Arten.
Andererseits werden größere, zusammenhängende Wald-Prozessschutzflächen, als typische Waldausschnitte der Vorpommerschen Lehmplatte geschaffen. Dort wird die forstliche Nutzung vollständig aufgegeben, um den Ablauf der natürlichen Waldentwicklung zuzulassen. Langfristig soll dadurch erreicht werden, dass auch hier alle Waldentwicklungsstadien gleichzeitig vorhanden sind und die daran gebundenen Arten gefördert werden. Dies wurde bereits auf ca. 119 ha Wald erzielt.
Ziel 2: Schutz der Schreiadler-Brutwälder
Um die sensiblen Schreiadler-Brutplätze zu erhalten, sind geeigneten Waldstrukturen mit hohem Volumen- und Kronenschlussgrad, hiebsreifen Beständen mit hohem Alt- und Totholzanteil und hoher Blickdichtigkeit im Unter- und Oberstand notwendig. Daher werden gerade solche Bereiche als sogenannte "Waldschutzareale" identifiziert und aus der forstlichen Nutzung genommen. Die schreiadlergerechten Waldstrukturen (mittelalte bis alte Bestände, mit einem überdurchschnittlich hohen Volumenschlussgrad) können somit über die Horstschutzzone hinaus geschützt werden. Darunter fallen bereits ca. 205 ha unter Schutz gestellter Wald.
Ziel 3: Sicherung und Entwicklung von Schreiadler-Nahrungshabitaten gemäß den Lebensraumansprüchen
Da der Schreiadler in unmittelbarer Umgebung seines Brutstandortes auf besonders extensiv genutztes Offenland angewiesen ist, setzt sich das Projekt auch hier für eine Optimierung seiner Lebensbedingungen ein. Dabei stehen der Erhalt und die Neuetablierung von schreiadlergerechten Bewirtschaftungsweisen im Offenland innerhalb eines 1 km-Radius um die besetzten Reviere im Fokus. Bereits 176 ha landwirtschaftlicher Fläche konnten über Pachtverträge (auf eigenem und fremden Eigentum) darauf ausgelegt werden, sowie 6 Kleingewässer als Amphibienlaichgewässer angelegt werden.
Ziel 4: Revitalisierung von Mooren durch naturnahe Wasserstände
Im Projektgebiet "Nordvorpommersche Waldlandschaft" wird die Landschaft ebenfalls von eindrucksvollen, jedoch in Teilen entwässerten Mooren geprägt. Hier handelt es sich oftmals um Waldmoore. Um auch diese Ökosysteme zu erhalten und naturnäher zu gestalten, werden hier verschiedene Maßnahmen zur Verzögerung des Wasserabflusses und Anhebung des Grundwasserstandes geplant. Dadurch kann eine Verminderung der Torfzehrung und eine Wiederherstellung natürlicher Standortpotenziale für Bruchwald-Biotope sowie Verbesserung des Wasser- und Nährstoffrückhaltes in der Landschaft erreicht werden. Für 3 sehr diverse Waldmoore (60 bzw. 100 bzw. 300 ha) wird eine solche Ökosystem-Wiederherstellung geplant.
Von zentraler naturschutzfachlicher Bedeutung für das Projekt sind die waldreichen, naturnahen Ausschnitte Vorpommerns, insbesondere hinsichtlich Repräsentanz, Großflächigkeit und Naturnähe. In den Wäldern stockt noch ein relativ hoher Anteil naturnaher, gut strukturierter Laub- und Mischwälder mit einer reichen Artenausstattung und einer großen Vielfalt an Standortbedingungen.
Neben den naturschutzfachlichen Zielen wird im Projektgebiet konsequent eine integrative Herangehensweise verfolgt, d. h. die Projektziele und Maßnahmen werden intensiv mit den Belangen der Akteur:innen der Region abgestimmt. All diese Maßnahmen basieren auf dem Aspekt der freiwilligen Mitwirkungsbereitschaft der Flächeneigentümer:innen. Somit kann in Kooperation mit verschiedensten Projektpartner:innen ein Beitrag zum Erhalt von wertvollen Ökosystemen geleistet und das Bewusstsein für Natur und Landschaft in der Region gestärkt werden.